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Leben als Rabbinerfamilie in Steyr

Frimet Nürnberger, geb. Seinwell, wurde am 24. Juni 1877 in Neu-Sandez (Nowy Sącz, Polen), geboren.

Sie heiratete im November 1905 Chaim Schmarje Nürnberger (Jahrgang 1879) aus Breszko (Polen).

Vier Kinder wurden dem Ehepaar geschenkt: Isabella (*1903), Arthur (*1906), Walter (*1913), und Wilhelm (*1916).1

Chaim Nürnberger wurde als Nachfolger von Heinrich Schön, der das Amt des Steyrer Rabbiners vom November 1896 bis zu seinem Tod am 14. Mai 1926 innehatte, bestellt. Er war auch als Religionslehrer und Kantor tätig. Noch im Juni 1938 übernahm Nürnberger den Fürsorgefonds der Kultusgemeinde.2 Doch im gleichen Monat löste die Gestapo die Kultusgemeinde Steyr auf, ihr Vermögen wurde Anfang Oktober 1938 der Linzer Kultusgemeinde übertragen.3

Synagoge

Vertreibung und Flucht

Nach dem „Anschluss“ im März 1938 mussten die Juden und Jüdinnen nach Wien übersiedeln, einige konnten ins Ausland entkommen.

Chaim Nürnberger wurde schon im Juli 1938 mit anderen Steyrer Juden von der Gestapo verhaftet und in das Polizeigefängnis nach Linz gebracht.4 Sein Sohn Wilhelm Nürnberger erzählte später, dass man ihm bei der Überstellung nach Linz eine Kopfverletzung zugefügt hatte.5

Willi Nürnberger

Den Kindern Isabella, Walter, Arthur und Wilhelm gelang die Flucht. Isabella und Walter flohen in die USA, Wilhelm in das damalige Palästina. Arthur, ein Kommunist, wurde nach dem „Anschluss“ im März 1938 in die Konzentrationslager Dachau und später Buchenwald gebracht, konnte aber schließlich auf Intervention seiner Frau im Februar 1939 nach Großbritannien emigrieren.6

Von Ende Oktober 1938 bis zum September 1939 waren Frimet und Chaim Nürnberger im 20. Bezirk in Wien gemeldet, bevor sie in das Haus der Wiener Kultusgemeinde im 1. Bezirk, Lazenhof 2/15 umziehen mussten. Chaim starb am 28.4.1940 in einem Wiener Krankenhaus.7

Deportation nach Maly Trostinec

Frimet Nürnberger wurde am 14.9.1942 von der Wiener Adresse Lazenhof 2/12 im 1. Bezirk mit dem sogenannten „Transport 41“ von Wien nach Maly Trostinec deportiert.

Deportationsliste

Waltraud Barton berichtet in ihrer Publikation „Maly Trostinec – das Totenbuch“, dass der 9. Transport, der mit der Reichsbahn (Zugnummer „Da 227“) von Wien nach Weißrussland mit dem Zielort Maly Trostinec führte, 992 jüdische Menschen umfasste, von denen niemand überlebte.

Besonders grausam ist die Tatsache, dass der Zug am 16. September 1942 seinen Bestimmungsort Maly Trostinec erreichte, aber erst am 18. September 1942 entladen wurde. Die Waggons blieben verschlossen, die Insassen bekamen weder Essen noch Trinken und wurden – sofern sie noch am Leben waren – unmittelbar nach ihrer „Entladung“ ermordet.8

Seit Juni 2024 erinnert ein Stolperstein vor der Synagoge und dem Wohnort der Familie Nürnberger, Bahnhofstraße 5, an Frimet Nürnberger.

©Waltraud Neuhauser-Pfeiffer

Bildbeschreibungen und Fotocredit:

  1. Synagoge Steyr, Bahnhofstraße 5, um 1900 (Stadtarchiv Steyr)
  2. Wilhelm (Willi) Nürnberger 1998 (Mauthausen Komitee Steyr)
  3. Arolsen Archives, International Center on Nazi Persecution: Deportationen und Transporte: 1211041 – Transport 41: Deportation von Wien nach Maly Trostenets, 14.09.1942, URL: https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130502146 (aufgerufen am 9.5.2024)
  4. Shoah Namensmauern Gedenkstätte, Ostarrichipark Wien: Nürnberger Frimet 1877 (Waltraud Neuhauser-Pfeiffer)

1 Standesamt Steyr, historisches Melderegister: Katasterblatt 417, Chaim Schmarje Nürenberger

2 Neuhauser-Pfeiffer, Waltraud – Ramsmaier, Karl: Vergessene Spuren. Die Geschichte der Juden in Steyr (Grünbach 1998) 270-272

3 Neuhauser-Pfeiffer, Waltraud: Dazugehörig? Jüdisches Leben in Steyr von den Anfängen bis in die Gegenwart (Steyr 2021) 34-36

4 Neuhauser-Pfeiffer – Ramsmaier: Vergessene Spuren 150-152

5 Neuhauser-Pfeiffer: Dazugehörig 36

6 Neuhauser, Waltraud – Neuhauser, Georg: Fluchtspuren. Überlebensgeschichten aus einer österreichischen Stadt (Grünbach 1998) 70-72, 77

7 Vgl. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Meldeunterlagen: MA8-B-MEP-855643-2023, Schreiben vom 11.7.2023; Neuhauser-Pfeiffer: Dazugehörig 36

8 Vgl. Barton, Waltraud (Hrsg.): Maly Trostinec – Das Totenbuch. Den Toten ihre Namen geben (Wien – Ohlsdorf 2015) 187, 195, 321; Arolsen Archives, Deportationen und Transporte, Deportationsliste: Transport 41: Deportation von Wien nach Maly Trostenets (sic!), 14.09.1942, URL: https://collections.arolsen-archives.org/de/search/person/130502146?s=Frimet%20Nürnberger&t=533000&p=0 (aufgerufen am3.4.2024)



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